Information ist alles – und Information verdirbt alles. Zumindest Informationsvergabe zum falschen Zeitpunkt. Die Spannung in deinem Roman wird nämlich unter anderem davon genährt, was wer noch nicht weiß. Halte es lieber wie ein Eisberg und zeig zunächst nur die Spitze.

Ohne Neugier bleibt dir keiner bei der Stange

Warum sollte jemand einen Roman lesen, dessen Ausgang schon im zweiten Kapitel klar ist? Du musst deinem Leser schon ein Motiv an die Hand geben, dein Buch zu Ende zu lesen. Etwas, das er unbedingt wissen will. Gleich mal vorweg, nicht jeder ist auf die Auflösung eines Handlungsrätsels aus. Es gibt nicht wenige Leute, die bei einem Buch den Schluss zuerst lesen, die wirst du mit einer linearen Geschichte und einem Überraschungsmoment gegen Ende kaum zufriedenstellen. Sie wollen nicht wissen, was passiert, sondern wie du es machst. Erfreuen sich an deinem Sprachspiel oder am Wortwitz. Oder am Aufbau.

Nur einer entscheidet über die Informationsvergabe

Was kommt als Nächstes? Einer muss wissen, wie der Hase läuft, und dieser Eine bist du. Und sonst niemand. Am allerwenigsten zwei Personen: dein Leser und deine Hauptfigur. Deinem Leser ruinierst du sonst den Kitzel und deinem Helden machst du es zu einfach.

Den Leser hinzuhalten dürfte dir nicht allzu schwer fallen, es erfordert nur ein bisschen Geheimniskrämerei und Selbstdisziplin. Wenn du geplottet hast, weißt du bereits, wie die Handlung weitergeht, und kannst auf eine Aneinanderkettung von Überraschungsmomenten setzen. Pflicht ist dabei nur, dass du die Teilhandlungen logisch verknüpfst und die eine aus der anderen ableitest und sie sich allesamt aus dem Figurencharakter ergeben.

Verwirrspiele

Damit du eine Fülle an solchen überraschenden Wendungen hast, brauchst du viele Handlungsoptionen, denn sonst wird die Geschichte sehr schnell vorhersehbar. Führe neben der Haupthandlung ein oder zwei Nebenhandlungen mit, die die Haupthandlung immer wieder kreuzen und beeinflussen. Will die eine Figur ihr Ziel verfolgen, kommt sie der anderen zwangsläufig in die Quere. Dein Leser sucht sich eine Figur aus, mit der er mitfiebert, und schon will er wissen, ob ihr Vorhaben gelingt. Behalte aber unbedingt alle Nebenhandlungen im Auge, denn am Ende deines Buches darf kein Handlungsstrang lose herumflattern. Du hast ihn vielleicht vergessen, dein Leser nicht. Jeder Spannungsbogen muss zu Ende geführt sein.

Gib mit Anspielungen Information in kleinen Häppchen

Überraschungsmomente sind zwar schön, aber noch besser funktioniert es, wenn du deinen Leser nicht plötzlich an die Festtafel führst, sondern laufend mit kleinen Häppchen fütterst. Immer so viel, dass er den Geschmack im Mund hat, immer zu wenig, um ihn satt zu machen. Löse daher immer wieder kleine Handlungsstränge auf und gib Hinweise für das große Ganze. Echte und falsche natürlich 😉

Lass deinen Leser immer kosten, wie es weitergehen könnte. Lass zum Beispiel eine geheimnisvolle Figur immer wieder auftauchen und verschwinden, ohne ihre Motive aufzudecken. Lass Sätze fallen, die deinem Leser ein Rätsel aufgeben. Baue Requisiten ein. Schaffe Möglichkeiten. Alternativen.

Das James-Bond-Prinzip

Sehr schön kannst du das bei einem James-Bond-Film beobachten. Du hast am Anfang immer eine Mission, die nach den besten Regeln der 007-Kunst gelöst wird und das Versprechen für den Film abgibt. Schon in der Lösung wird der Köder gelegt, aus ihr ergibt sich der nächste Auftrag. Jetzt darfst du von Beginn an mitverfolgen, wie der Agent mit der Doppelnull die Kastanien aus dem Feuer holt. Und da wir schon mal bei Superhelden sind: Ein Held darf vielleicht alles können, aber er darf niemals alles wissen.

Halte deinem Helden Information vor

Dein Held sieht und weiß nur das, was du ihm zu wissen erlaubst. Er hört seinen Gegenspieler oder sein Love-Interest sprechen, aber er hat keine Ahnung von den Gedanken dahinter. Er weiß nur das, was die andere Figur laut ausspricht, was er selbst beobachtet oder was man ihm zuträgt, und hier fehlt ihm schon mal die Gewissheit, ob er nicht gerade einer Lüge aufsitzt. Aus Fehlinformationen lassen sich Konflikte und Hindernisse bauen, aus Fehlinterpretationen und Fehlschlüssen die herrlichsten Verwicklungen. So wie du deinem Leser ein Häppchen hinwerfen kannst, kannst du es auch mit deiner Hauptfigur halten. Lass sie die richtigen Schlüsse nicht unbedingt in Lichtgeschwindigkeit ziehen, sondern auch mal daneben tippen.

Hol dir den Leser ins Boot

Ein Grund, warum ich die personale Erzählung mit wechselnder Perspektive so mag, ist, dass du hier die Information ganz besonders ausgefuchst vergeben kannst. Denn wer sagt denn, dass Leser und Held denselben Wissensstand haben müssen? Die Gegenspieler können nach Herzenslust denken, ohne dass die Hauptfigur davon eine Ahnung hat. Sie können Ränke schmieden, Fragen aufwerfen, Listen hintertreiben, und der Leser bekommt das alles mit! Jetzt fiebert er gleich doppelt: Er will wissen, was du dir nun schon wieder ausgedacht hast, und er will wissen, ob und vor allem wie der Held davon kommt. Was-Spannung gekoppelt mit Wie-Spannung, das gibt eine ordentliche Portion Adrenalin 😉

 

Mittlerweile ahnst du es schon, um spannend zu schreiben, musst du nicht reißerisch sein. Nur listig 😉 Ich wünsche dir eine listenreiche Schreib-Session und viel Spaß beim Schreiben!

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